Der Kampf um die Atome

Juni 1979. Unerhörte Dinge trugen sich im friedlichen Dornum zu. Es war die Hochzeit der Auseinandersetzungen um die zivile Nutzung der Atomenergie. Erst drei Monate zuvor, im März, hatte der Gorleben-Treck stattgefunden, der in Hannover mit etwa 100.000 Teilnehmern endete – die größte Anti-Atom-Demonstration, die bis dahin in Deutschland stattgefunden hatte. Ein knappes Jahr später sollte dann die Republik Freies Wendland ausgerufen werden.

In dieser wildbewegten Großwetterlage muss auch ein Riss durch unser Dorf gegangen sein. Jedenfalls wollte ein Bürger Flagge zeigen und musste feststellen, dass ihm böse Bubenhände das verwehrten, indem sie ihm nächtens den Ausweis seiner Gesinnung klauten. Daraufhin inserierte dieser Bürger im Ostfriesischen Kurier ebenso wutschnaubend wie mit feiner Ironie:

Wünsche

demjenigen, der mir in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag mein Umweltschutzplakat

»Atomkraft? Nein, danke«

von meinem Grundstück entfernt hat, ein langes gesundes Leben. Möge er nicht infolge radioaktiver Strahlen bzw. deren Folgen wie Krebs oder Leukämie frühzeitig aus dem Leben scheiden.

Heinrich Menken, Bahnhofstr. 18, 2988 Dornum

 

(so steht es im Spiegel vom 11. Juni 1979 in der Rubrik »Hohlspiegel«)